Wenn Sie direkt in Bitcoins oder andere Kryptowährungen investiert haben, dann sollten Sie jetzt die Füße vom Tisch nehmen und Ihre Entscheidung gründlich überdenken. Von den Entwicklern anfänglich als hoffnungsvolles, aber idealistisches Experiment bezeichnet, von der Fachpresse gehypt, von der Finanzautokratie erst belächelt – jetzt gefürchtet und von Investoren gierig beobachtet. Seit Ende 2015 wachsen bei Bitcoin zwei Probleme gefährlich an. Das eine nennt sich Brüssel, das andere hört auf den Namen Bitcoin.
Brüssel hat ein Problem mit Bitcoin
Das EU-Parlament lässt seine geschätzten 50.000 Beamten wie ein riesiger Feuerquallenschwarm zwischen Brüssel, Straßburg und Luxemburg treiben. Gleich giftigen Tentakeln kriechen die Beamten mit Ihren niederträchtigen Verordnungen, Erklärungen, Direktiven, Richtlinien, Paragraphen und Verlautbarungen zwischen die kreativen Körper Europas. Sie verätzen, verkrüppeln, betäuben! Und für junge Start-Ups, neue Technologien und originelle Köpfe ist schnell die tödliche Dosis an Gesetzen erreicht. Der aktuelle Angriff des bürokratischen Monsterschwarms ist die sogenannte „Vierte Direktive“. Sie legt ein Maßnahmenpaket fest, welches die EU-Staaten zwischen Juni 2015 und Juni 2017 abzuarbeiten haben. Sie versteht sich als Erweiterung der „Dritten Direktive“. Diese ist bereits seit längerem in Kraft und soll noch immer die „Geldwäsche“ bekämpfen. Zu diesem „Kampf“ des europäischen „Gauleiter Finanzen“ gehören folgende Einzelmaßnahmen:
- Bargeldzahlungen mit legaler Höchstgrenze nur bis 15.000 Euro;
- Festschreibung der Aufgaben von „Verpflichtenden Entitäten“ (Spitzel) – etwa Finanzdienstleister, Anwälte, Notare, Makler und Kasinos;
- Die Schnüffelaufgaben umfassen:
- Kunden identifizieren und die Identifizierung überprüfen
- Geldverkehr von Bürger ausspionieren, auskundschaften, bespitzeln, beschatten;
- Anschwärzen, Anzeigen und bei Behörden Meldung erstatten, bei Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorfinanzierung;
Nur die Stasi kannte soviel „Transparenz“, noch besser kann es jedoch die „Vierte Direktive“. Mit Ihr sinkt die Höhe erlaubter Bargeldzahlungen auf 7.500 Euro, sie erklärt auch bereits die Steuervermeidung zum „meldepflichtigen Verdachtsfall“ und erweitert die “verpflichteten Entitäten” um die gesamte Glücksspielbranche – und, laut den aktuellsten Plänen, auch um Bitcoin-Unternehmen.
Diese „Vierte Direktive“ wird ein Massensterben der Kryptowährungsunternehmen in der EU auslösen. Ein tödlicher Paragraphen-Biss! Besonders betroffen sind die “Betreiber von virtuellen Treuhand-Wallets” (virtual currency custodian wallet providers). In einer Pressemitteilung werden die EU-Quallen konkreter:
„… (die Wallet Providers)… halten Konten mit virtuellen Währungen im Auftrag ihrer Kunden…In der Welt der ‘virtuellen Währungen’ entsprechen sie einer Bank oder einem anderen Zahlungsinstitut, das Zahlungskonten anbietet.“
Nahezu die gesamte europäische Krypto-Startup-Szene ist davon betroffen. Sie tauschen Euro in Bitcoins, verwalten Kryptoeinheiten im Nutzerauftrag oder arbeiten mit Kryptowährungen. Das ist IHR Geschäftsmodel! Wer weiterhin in diesem Business bleiben möchte, muss sich in die Schweiz oder Singapur begeben. Vermutlich nicht die schlechteste Lösung für Startups, aber das Projekt hat noch mehr schlechte Nachrichten:
Bitcoin hat ein Problem mit Bitcoin
Stark vereinfacht sind Blockchains eine verknüpfte Kette von verschlüsselten (deshalb Krypto-Currency) Datenblöcken, in denen Transaktionen gespeichert sind. Die Transaktionen können entweder den Inhalt eines Finanzvorgangs oder auch nur einen gesicherten Verweis auf einen Sachverhalt (s.g. Smart-Contracts) beinhalten. Bitcoin arbeitet mit einem Proof-of-Work-Verfahren, einem Leistungsnachweis in Form einer gelösten rechenintensiven mathematischen Aufgabe.
Diese Transaktionen werden in Gruppen zu Blöcken zusammengefasst. Dieser Vorgang nennt sich Mining und wird mit gutgeschriebenen Bitcoins belohnt. Leider führen die häufig synonym verwendeten Begriffe „Bitcoin“ und „Blockchain“ zur Konfusion, denn Bitcoin ist lediglich eine von vielen möglichen Anwendungen und Proof-of-Work lediglich eines von vielen möglichen Verfahren der Blockchain-Technologie.
Unübersichtlinge Gebühren
Eine der einflussreichsten, längjährigen Bitcoin-Entwickler Mike Hearn hat kürzlich das Open-Source-Projektteam verlassen und die internen Probleme an die Öffentlichkeit gebracht.
Die Transaktionsgeschwindigkeit ist nicht zeitgemäß und nicht im Ansatz konkurrenzfähig. Aufgrund steigender Nutzerzahlen werden Bitcoin-Auszahlungen oder Transaktionen erschwert oder sind teilweise kaum noch möglich. Die bestehende Bitcoin-Blockchain verarbeitet derzeit nur drei Transaktionen pro Sekunde. Zum Vergleich: Allein das VISA-Kartensystem verarbeitet schätzungsweise 2000 bis 4000 Transaktionen pro Sekunde.
Ein zunehmend unübersichtlicher Gebührendschungel macht die Währungskosten intransparent. Je nach Handelsplatz, Handelsmenge, Kauf- oder Verkaufsangebot hängt die Gebührenhöhe oft noch von vielen weiteren Parametern ab.
Seit Anfang des Jahres 2016 ist die Bitcoin Core Version 0.12 aktiv, obwohl der überwiegende Teil der Bitcoin-Community diese Implementierung abgelehnt hat, wird durch diese Protokolländerung eine einseitige Rückabwicklung einer Zahlung möglich. Das Ende für Bitcoin-Bezahlungen im Einzel- und Versandhandel.
Dringend notwendige Änderungen am Softwareprotokoll werden aufgrund mangelnder Entscheidungsfähigkeit, einem Konsensdogma innerhalb des Entwicklerteams und politischer Einflussnahme nicht umgesetzt. Ein kleine Gruppe von Chinesischen Minern beherrscht über 50 Prozent der Mining-Rechenleistung. Gerade Sie profitieren von einem instabilen und zähen Bitcoin-System. So wurde die dringend notwendige Anhebung der Blockgröße auf unbestimmte Zeit verschoben. Und durch die große „staatliche Firewall“ verhindert die chinesische Staatsführung mit Kapazitätsgrenzen erfolgreich Kapitalabflüsse ins Ausland.
Programmierer Zerstritten
Das ursprüngliche idealistische Open Source Experiment Bitcoin hat seine jugendliche Unschuld verloren. Die Entwicklergemeinde ist handlungsunfähig, zerstritten und wandert ab. Die Ideale wurden über Bord geworfen. Dezentralität, Innovationsfähigkeit, Entscheidungsfreude, Zuverlässigkeit und Anonymität sind vorbei.
Wenn auch Bitcoin eventuell vor seinem Ende steht, so steht jedoch die Blockchain-Technologie steht erst an Ihrem Anfang. Allein in den vergangen Monaten 12 Monaten floss in den USA mehr als 10 Milliarden Greenbacks an Risikokapital in die neuen Fintech-Startups im Silicon-Valley. Die Blockchain-Technologie wird als das „nächste große Ding“ im Internet gesehen. Das nächste Google, Facebook, Youtube, Amazon oder Facebook. Die großen „Big Boys“ der Finanz und HighTech-Industrie sind alle dabei. Die Einzigen die das noch nicht kapiert haben, sind die qualligen Beamtenschwärme aus Brüssel. Europa braucht ein dringend ein Silicon-Valley – Sie aber beschäftigen sich mit Schimmelkäseverordnungen, Haarföhnverboten, bleifreier Wildschweinmunition, geschlechtsneutralen Pissoirs, Landschaftsverordnungen für griechische Ziegenhirten, bahnbrechenden Ökostandards für Duschbrauseköpfe etc. Ein rotziges, rückgratloses, giftiges Schleimtier – das ist die europäische Bürokratie. Jede Quallenplage endet in einem plötzlichen, natürlichen Selbstmord des kurzen Lebens, danach sind die Gewässer wieder sauber.
Dieser Artikel erschien zuerst auf: Juwelen das Magazin.Houston, Bitcoin hat ein Problem!